Vorwort

Hans Zebinger arbeitet als eLearning-Experte bei der UNIQA Insurance Group AG und hat 2015 den eLearning-Stammtisch ins Leben gerufen. Vor Kurzem sprach ich mit ihm in diesem exklusiven Interview über Hans Zebinger, über den eLearning-Stammtisch und natürlich über eLearnings.
In Teil 1 dieses Interviews sprechen wir über die Entwicklung von eLearnings, um den eLearning-Stammtisch und eLearning-Tools.
Viel Spaß mit dieser Fortsetzung!
Das Interview
Stefan Gottfried:
Du hast ja IT-Kenntnisse und bist ein Tüftler. Verwendest du das auch beim Erstellen von eLearnings? Also verwendest du zB JavaScript im Content Studio?
Hans Zebinger:
Nein, derzeit nicht. Es gäbe die Möglichkeit, JavaScript einzufügen, aber bisher gab es nie die Anforderung, dass jemand so etwas haben hätte wollen.
Stefan Gottfried:
Hattest du schon mal die Überlegung, ein anderes Tool als Content Studio zu verwenden?
Hans Zebinger:
Nein… und zwar aus dem Hintergrund: Früher haben wir für die Erstellung x verschiedene Tools verwendet. Das heißt wir hatten Toolbook, Macromedia Flash, Workplace Collaborative Learning, der auf einem Server der Raiffaisen IT gelaufen ist, … und wenn dann irgendwo ein Problem aufgetreten ist, weil irgendetwas nicht funktioniert hat, dann ist die „riesen Streiterei“ losgegangen um die Frage: Wo liegt der Fehler? Dann hast du eine Woche Zeit aufgewandt um auszuschließen, wo der Fehler nicht sein könnte, weil es einer auf den anderen schiebt. Und deswegen bin ich – auch wenn es nicht immer ganz gut ist – der Ansicht, möglichst viel aus einer Hand zu haben, was das betrifft. Deswegen habe ich das Content Studio und deswegen habe ich die IMC als Lernplattform und das Ding bei denen gehostet. Und damit schicke ich nur noch ein Ticket, wenn etwas nicht funktioniert, liefere ihnen die Dateien, sage was wo ist und die schauen nach. Und dann gibt es keine Streiterei.
Stefan Gottfried:
Wo ich immer wieder eine Herausforderung sehe, ist das Bekommen von Medien. Wie ist das bei euch? Kannst du dich da an eine Marketing- oder Grafikabteilung wenden?
Hans Zebinger:
Ja, da ist bei uns ziemlich strikt, was da drinnen sein darf und was nicht. Wir haben wie gesagt 2000 bis 2003 mit eLearnings begonnen und da hat mich, ich glaube 2015 war’s, das Marketing darauf aufmerksam gemacht, dass die Fotos nicht mehr State oft he Art sind. Mir ist das nie aufgefallen, da ich täglich damit gearbeitet habe. Dann habe ich es mir mit deren Augen angesehen und ja gut… heutzutage verwendet keiner mehr ein Festnetztelefon beim Telefonieren mit Kunden, Röhrenmonitore gibt es auch keine mehr und das Marketing hat mir auch gesagt, dass die Bilder heute anders aufgenommen und belichtet werden als damals.
Stefan Gottfried:
Das heißt, das hat wahrscheinlich den Vorteil: Du sagst welche Bilder du brauchst und du bekommst sie?
Hans Zebinger:
Genau, ich sag ich brauche zu dem Thema zu diesen Situationen Bilder. Die haben ihre Abos und ich bekomme eine Auswahl oder ich bekomme generell den Zugang und wähle passende Bilder aus, die mir meine Kollegin aus dem Marketing dann beschafft. Mit Adobe Photoshop richte ich mir danach die Bilder so her, wie ich sie brauche und bau sie in meine Kurse ein.
Stefan Gottfried:
Du bearbeitest Bilder also mit Photoshop.
Hans Zebinger:
Ich verwende Photoshop, ich arbeite auch mit Audacity.
Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen überheblich, aber ich habe eine Affinität zu EDV-Gschichtln. Ich finde mich da immer irrsinnig schnell zurecht. Ich weiß nicht, woher das kommt. Eine Ausbildung in dem Sinn hatte ich nie. Aber wie gesagt: Als erster in meiner Abteilung hatte ich einen privaten Computer. Auf dem habe ich herumgefuhrwerkt und die Autoexec.bat und Config.sys und was es damals halt so gegeben hat.
Stefan Gottfried:
Ja, das kenne ich auch noch *beide lachen*
Hans Zebinger:
Und ich glaub es hängt damit zusammen, dass ich es einfach ausprobiere. Weil viele Leute Angst haben, etwas kaputtzumachen. Ich probiere es einfach aus und wenn es schief geht, mache ich halt einen Neustart.
Stefan Gottfried:
Um zurück zu den Medien zu kommen… Es ist praktisch, vom Marketing Bilder zu erhalten. Aber der Nachteil ist schon, denk ich mir: Wenn die sagen „es ist alles veraltet“, musst du jeden Kurs angreifen und die Bilder austauschen.
Hans Zebinger:
Ja.
Stefan Gottfried:
Und sind deine Kurse alle nach einer CI?
Hans Zebinger:
Jein, im groben: ja! Aber… ich frage nicht immer nach.
Stefan Gottfried:
Ich frage deswegen nach, weil ich für unterschiedliche Unternehmen eLearnings erstellen durfte. In einem hatte ich völlige freie Hand, im anderen mussten die eLearnings exakt wie die Powerpoint-Vorlagen aussehen. Das birgt Herausforderungen.
Hans Zebinger:
Wo ihr freie Hand hattet, habt ihr einfach nicht nachgefragt, oder? *lacht*
Stefan Gottfried:
Nein, nein, da haben wir in der AG eLearnings für die verschiedenen Marken im Unternehmen gemacht. Und es wäre ja unfair den anderen gegenüber gewesen, sich an die CI einer dieser Marken zu halten… Weil du vorhin erwähnt hast, mit welchen Tools du arbeitest: Verwendest du auch Videos und bearbeitest diese?
Hans Zebinger:
Kaum… und wenn, dann bau ich sie in Content Studio ein. Schneiden kann man Videos dort auch. Wobei sie meistens schon geschnitten kommen. Es war nur ein einziges Mal, als ich ein halbstündiges Video in einer langen Wurscht bekommen habe. Die habe ich dann in Sequenzen unterteilt und im Content Studio geschnitten.
Stefan Gottfried:
Ja, viele Autorentools bieten rudimentäre Bearbeitungsfunktionen für Medien an. Zum Beispiel das Schneiden von Video- oder Audiodateien. Wie ich mich auf dieses Interview vorbereitet habe, bin ich über folgenden Satz gestoßen: „Wir sollen den Lernenden nicht beibringen, wie man weiter klickt. Sondern: Wir sollen Wissen vermitteln.“ – Was fällt dir dazu ein?
Hans Zebinger:
Mein Motto aus meiner Trainerzeit: „Die Hauptaufgabe des Trainers ist es nicht Bedeutungen zu erklären, sondern an die Tür des Geistes zu klopfen“.
Stefan Gottfried:
„An die Tür des Geistes zu klopfen.“ – das gefällt mir!
Hans Zebinger:
Und das ist auch das, was ich versuche in die eLearning-Bausteine einzubauen.
Stefan Gottfried:
Kann man diesen Weiter-Button vermeiden?
Hans Zebinger:
*Kopfschütteln* und *lachen* Aber man kann schauen, dass man das Ding zwischen den Weiter-Buttons so interessant zu machen, dass die Lernenden nicht sofort weiter klicken möchten.
Stefan Gottfried:
Es gibt ja Ansätze, den Weiter-Button erst nach einer bestimmten Zeit anzuzeigen oder zu deaktivieren, bis die/der Lernende eine bestimmte Aktion durchgeführt hat. Aber wie geht man dann damit um, dass ein Video komplett angesehen werden soll?
Hans Zebinger:
Nein, also das ist im Content Studio recht einfach. Wenn sie das Video oder die Sequenz nicht bis zum Ende abspielen lassen, wird es nicht als „gemacht“ gewertet.
Stefan Gottfried:
Kann man nicht vorspulen?
Hans Zebinger:
Man kann vorspulen, aber dann hat man keinen 100-prozentigen Abschluss. Und wenn jemand einen 100-prozentigen Abschluss braucht, um ein Diplom zu bekommen, hat sie/er Pech gehabt. Dann muss sie/er zurückspringen und die Sequenz nochmal ganz ansehen.
Stefan Gottfried:
Nur: Nehmen wir ein eLearning mit einer großen diversen Zielgruppe her. Da gibt es vielleicht Leute, die bereits das Wissen über Teile dieses Kurses haben. Lernende, die den Inhalt bereits kennen. Wenn ich die dazu zwinge, sich diesen Inhalt anzusehen, langweilen sich, werden demotiviert und entwickeln eine generelle Ablehnung gegen eLearnings.
Hans Zebinger:
Deswegen hätte ich gerne Area9 probiert.
Stefan Gottfried:
Kannst du nicht auch in deinem Autoring-Tool Szenarien machen, wo du vorab das Wissen abfragst und die Lernenden dann daran angepasste Pfade gehen lässt?
Könnte ich, ja. Ist aber a: mühsam, b: von der Wartung her irrsinnig aufwändig, weil, wenn sich etwas ändert, muss ich das überall nachziehen.
Stefan Gottfried:
Bist du immer noch eine One-Man-Show?
Hans Zebinger:
Mehr oder weniger.
Stefan Gottfried:
Nachdem du das ja schon jahrelang machst, muss es bereits eine Unmenge an Kursen geben.
Hans Zebinger:
Ja. *lacht*
Stefan Gottfried:
Und da musst du ja bei jedem Kurs, den du erstellst, an die Wartungsintensität denken.
Hans Zebinger:
So ist es, ja. Ich muss jeden Kurs bauen, dass er möglichst wartungsfrei ist.
Stefan Gottfried:
Hast du dir diese Gedanken von Anfang an gemacht?
Hans Zebinger:
Ja. Das war einer der ersten Punkte, wie ich angefangen habe. Ganz am Anfang hatten wir vom Vertrieb die Berechnungsbeispiele drin, die ich anfangs erwähnt habe.
Stefan Gottfried:
Ja, die du jeden Monat ändern musstest.
Hans Zebinger:
Genau. Wie dann dieser Vertriebschef weg war, haben wir die schnell abgedreht. Und das war dann auch Learning by doing. Wir haben von Anfang an gesagt, dass die Kurse so gebaut sein müssen, dass sie länger halten. Weil damals wurde in die externe Entwicklung schweineviel Geld gesteckt. Und das Ding muss sich rentieren. Das heißt: es muss ein paar Jahre lang rennen ohne, dass man großartig etwas damit tut. Das war der Hauptpunkt, warum die Dinger so konzipiert worden sind, dass möglichst wenig zu ändern ist.
Stefan Gottfried:
Darf ich dich fragen, wie du den Überblick behältst, wann ein Kurs gewartet oder aktualisiert werden muss? Hast du da ein System dahinter?
Hans Zebinger:
*schmunzelt* Nein. Ganz ehrlich gesagt: Die Lernenden rufen mich an und sagen: „Da stimmt etwas nicht“. Und dann wird geprüft ob sich etwas geändert hat oder ob die Info doch richtig ist. Wir hätten es an und für sich so vorgehabt, dass die Fachexpert:innen die Aktualität der Kurse prüft.
Stefan Gottfried:
Das ist eine schöne Theorie *lacht*
Hans Zebinger:
Ja *lacht* Das hat nie funktioniert. Es hat in manchen Bereichen gut funktioniert, aber sobald eine Person gewechselt hat, war es schon wieder vorbei. Wobei ich dazusagen muss, dass jetzt alle Fachkurse von der IMC zugekauft sind. Die werden jährlich gewartet.
Stefan Gottfried:
Was glaubst du, wenn sich jetzt ein junger Mensch dazu entscheidet, eLearning-Spezialist zu werden oder eLearnings erstellen zu wollen. Welche Ausbildung oder Voraussetzungen braucht der?
Hans Zebinger:
Heutzutage muss man die entsprechenden Schulungen machen. So wie es bei mir seinerzeit war, also Autodidakt und ich bringe mir alles selber bei, weil es nichts anderes gibt, das ist heute nimmer mehr. Es gibt diverse Kurse beim Wifi, in Volkshochschulen, an Universitäten.
Stefan Gottfried:
Wenn du die Chance hättest, jemand in dein eLearning-Team zu holen. Welche Fähigkeiten sollte diese Person mitbringen? Worauf würdest du schauen?
Hans Zebinger:
*lacht* Grafisches Verständnis, Wissen wie Folien gut aussehen sollen. Dazu gehören für mich Farbmanagement, Raumaufteilung, Schriftbild, wieviel darf drauf sein, … also der ganze Komplex. Das andere ist: Zusammenhänge plakativ darstellen können.
Diese beiden Punkte decke ich selbst ab. Wenn ich mir jemanden ins Team dazu holen könnte, würde ich mir jemand nehmen der gut zeichnen kann. Weil daran mangelt es mir. Dann würde ich diese Person Comics zeichnen lassen zu den einzelnen Sachen.
Stefan Gottfried:
Vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast. Ich habe unsere Unterhaltung genossen.